Kommt es zur Sprachverzögerung, wenn ein Kind zweisprachig erzogen wird?
Ist eine zweisprachige Erziehung verwirrend für ein Kind? Wenn es zweisprachig aufwächst oder schon als Kleinkind Englisch lernt, kann es sein, dass das Kind später beginnt zu sprechen als einsprachig erzogene Kinder. Außerdem beherrscht es keine der beiden Sprachen so richtig. Das wird oft behauptet. Aber ist das wirklich so? Wie erkennt man Entwicklungsverzögerungen im Spracherwerb? Wodurch werden sie begünstigt und wie können sie behandelt werden? In diesem Artikel gehen wir diesen Fragen nach.
Was ist eine Sprachverzögerung?
Sprachverzögerung bedeutet, dass sich die sprachlichen Fähigkeiten eines Kindes langsamer entwickeln als die seiner Altersgenossen. Da es jedoch völlig normal ist, dass Kinder sich unterschiedlich schnell entwickeln, ist es nicht immer leicht, eine Entwicklungsstörung beim Spracherwerb zu erkennen.
Ursachen einer Sprachentwicklungsverzögerung
Es gibt sowohl medizinische als auch soziale (oder familiäre) Gründe für Sprachverzögerungen. Die häufigste medizinische Ursache ist ein beeinträchtigtes Hörvermögen, das zum Beispiel in Folge häufiger Mittelohrentzündungen oder einer Hirnhautentzündung entstehen kann. Darüber hinaus kommen eine Legasthenie, eine andere neurologisch bedingte Lernschwäche oder eine Autismus-Spektrum-Störung in Frage. Weitere medizinische Risikofaktoren sind Frühgeburtlichkeit, niedriges Geburtsgewicht und Sauerstoffmangel bei der Geburt.
Zu den sozialen Faktoren gehören das Bildungsniveau der Eltern, eine familiäre Vorgeschichte mit Sprachproblemen (wenn die Eltern zum Beispiel selbst eine verzögerte Sprachentwicklung hatten), eine hohe Geburtenfolge oder eine große Familie. Einige Forscher sehen auch familiäre Probleme als mögliche Gründe für Sprachverzögerungen.
Wird die Sprachentwicklung beim Kind beeinträchtigt durch Zweisprachigkeit?
Zwei Sprachen zu sprechen oder mehr als eine Muttersprache zu haben, ist nicht per se verwirrend für Kinder. Ein Kind braucht vielleicht mehr Zeit, um so viele Wörter in der Zweitsprache zu lernen, wie es bereits in seiner ersten Sprache erworben hat. Bis das Kind in beiden Sprachen gut kommunizieren kann, dauert es etwas länger. Dennoch sollte keine signifikante Sprachentwicklungsverzögerung als Folge der Zweisprachigkeit entstehen.
Im Gegenteil, zweisprachige Kinder können ihre Sprachkenntnisse zwischen den beiden Sprachen übertragen. Sie tun sich außerdem leichter, Wörter zu umschreiben und zu erklären, die sie in der zweiten Sprache noch nicht kennen und so ihren Wortschatz zu erweitern. Eine neue Sprache zu lernen wird außerdem noch einfacher für diejenigen, die bereits mehr als eine Sprache sprechen.
Wichtig ist, dass das Kind die Muttersprache gut beherrscht, bevor es eine Zweitsprache wie etwa Englisch lernt. Wenn Eltern, die verschiedene Muttersprachen sprechen, ihr Kind bilingual erziehen, sollten sie jeweils in ihrer Muttersprache mit ihrem Kind kommunizieren.
Wie erkennt man Sprachverzögerungen (bei ein- und zweisprachigen Kindern)?
Alle Kinder sind unterschiedlich, und es ist normal, dass sie sich in einigen Bereichen schneller entwickeln als in anderen – unabhängig von der Anzahl der Sprachen, die sie lernen. Daher wird eine Diagnose in der Regel nicht vor dem vierten Lebensjahr gestellt. Bei der Beurteilung und Bewertung der kindlichen Entwicklung ist es am besten, das Gesamtbild zu betrachten und auf drei Bereiche gleichzeitig zu achten:
- Grob- und Feinmotorik – die Art und Weise, wie sich das Kind bewegt, seine Mimik und die Körpersprache, die es zur Kommunikation nutzt.
- Kognition – das Gedächtnis und die Aufmerksamkeitsspanne des Kindes.
- Künstlerisch-ästhetische Entwicklung – Lieder, Geschichten und Zeichnen sind die Hauptbeschäftigung eines Kleinkindes.
Diese drei Bereiche sind wesentliche Bestandteile der täglichen Kommunikation mit Kleinkindern. Im Alter von zwei Jahren sollten die Familienmitglieder in der Lage sein, etwa 50 % der Sprache des Kindes zu verstehen, bei 3-Jährigen sind es 75 %. Die Sprache eines 4-jährigen Kindes ist in der Regel für die meisten Erwachsenen verständlich und besitzt sowohl eine korrekte Grammatik als auch Aussprache.
Checkliste: Wie erkenne ich eine Sprachentwicklungsverzögerung?
Hier ist eine Checkliste für Eltern, die Ihnen Anhaltspunkte gibt, wenn Sie vermuten, dass ihr Kind eine Sprachentwicklungsverzögerung haben könnte:
Im ersten Lebensjahr:
☑ Das Kind hört nicht auf Geräusche und reagiert nicht, wenn es gerufen wird
☑ Die zweite Lallphase bleibt aus
☑ Es macht keine Gesten wie Winken oder Zeigen
☑ Es zeigt ein ausgeprägtes visuelles Interesse
Mit 2 Jahren:
☑ Das Kind gestikuliert viel und spricht kaum
☑ Es kann keine zwei Wörter zusammensetzen
☑ Es folgt keinen einfachen Anweisungen wie „Nein“ oder „Stopp“
☑ Aktiver Wortschatz von weniger als 50 Wörtern
Mit 3 Jahren:
☑ Das Kind spricht eher in Phrasen als in Sätzen
☑ Es versteht einfache Fragen nicht
☑ Es stottert, lässt Laute aus oder dehnt sie aus
☑ Aktiver Wortschatz von weniger als 100 Wörtern
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei Sprachverzögerungen?
Suchen Sie Ihren Kinderarzt auf, wenn Sie die oben genannten Auffälligkeiten im Verhalten Ihres Kindes bemerken. Bei medizinischen Ursachen kann eine Sprachtherapie gute Erfolge erzielen.
Die sozialen Faktoren können Sie als Eltern selbst beeinflussen. Vorbeugung ist die beste Behandlung! Achten Sie auf Ihre eigene Kommunikation mit Ihren Kindern. Je mehr Sie mit Ihrem Kind sprechen und interagieren, desto besser. Für die Entwicklung der Sprache ist es wichtig, dem Kind zuzuhören und regelmäßig Gelegenheiten zum Sprechen zu geben. Einige der besten Strategien zur Förderung der Sprachentwicklung erfordern weder Hilfsmittel noch Spielzeuge, Apps, Zeit oder Geld.
Tipps für die Förderung des Spracherwerbs:
- Wiederholung: Ein Kind muss ein Wort kennen, bevor es benutzt wird.
- Äußerungen ausschmücken: Sie können die Äußerungen Ihres Kindes wiederholen und ihnen zusätzliche Wörter hinzufügen.
- Geben Sie Ihrem Kind Zeit zum Sprechen. Machen Sie während des Gesprächs mit Ihrem Kind eine Pause und warten Sie. Wenn Sie das Tempo des Gesprächs verlangsamen, kann sich Ihr Kind besser konzentrieren.
- Kommunikative Spiele: z.B. „Ich sehe was, was du nicht siehst.”
- Bilderbücher vorlesen: Sehen Sie sich die Bilder gemeinsam an, kommentieren Sie sie und stellen Sie Fragen dazu, bevor Sie den Text lesen. Schauen Sie, was Ihr Kind an dem Buch interessant findet.
- Kein Handy und TV: Begrenzen Sie die Bildschirmzeit. Keine App und kein Fernseher kann die Interaktion mit einem Elternteil ersetzen.
Welche Vorteile haben Kinder, die zweisprachig aufwachsen?
Mehrsprachigkeit hat mehr Vor- als Nachteile für Kinder. Wenn sie mit mehr als einer Sprache aufwachsen, haben sie mehr Möglichkeiten, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Sie haben einen größeren Horizont und sind kognitiv fitter.
Übrigens: In der Novakid-Englischschule lernen die Kinder mit der Immersionsmethode Englisch. Das bedeutet, sie lernen Englisch durch die spielerische Interaktion und Kommunikation mit einer muttersprachlichen Lehrkraft. Mehr über die Immersionsmethode sowie die Vorteile zweisprachiger Erziehung finden Sie hier.
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