Legasthenie: Wie kann ich eine Leseschwäche bei meinem Kind erkennen und beheben?
Etwa 15 % der Menschen weltweit sind Legastheniker. Die Lese-Rechtschreibschwäche ist keine Krankheit, sondern eine neurologische Besonderheit, die in allen Sprachen, Ländern und Kulturen vorkommt. Ein betroffenes Kind hat Probleme beim Lesen und Schreiben lernen und tut sich schwer mit der Rechtschreibung. Doch es ist deswegen nicht minder intelligent. Oft haben Kinder mit Legasthenie sogenannte kompensatorische Fähigkeiten, das heißt, sie können Gedanken gut verknüpfen, sind sehr kreativ und können über den Tellerrand hinausschauen!
Wie lässt sich eine Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) erkennen?
Viele Eltern fragen sich: Wie kann man eine Leseschwäche feststellen? Und wann? Lässt sich schon eine Leseschwäche erkennen, sobald Kinder lesen lernen, d.h. in der ersten Klasse?
Der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V. erklärt, dass Kinder mit Legasthenie...
- sehr langsam lesen
- beim Vorlesen häufig stocken oder die Zeile verlieren
- ohne Betonung und Rhythmus lesen sowie monoton vortragen
- sich schwer tun, den Inhalt des gelesenen Textes wiederzugeben
- unfähig sind, das Gelesene zu wiederholen
Eine Rechtschreibschwäche zeigt sich außerdem durch:
- falsches Schreiben von Wörtern trotz intensiven Übens
- Verwechseln von Lauten, die ähnlich klingen oder Buchstaben, die ähnlich aussehen
- eine unleserliche Handschrift
- eine überdurchschnittliche Fehlerzahl in Diktaten und beim Abschreiben von Texten (dieselben Wörter enthalten zum Teil unterschiedliche Fehler)
Wenn Ihr Kind Leseprobleme hat, suchen Sie zunächst das Gespräch mit dem/der Deutschlehrer:in. Die Lehrkraft kann einen Lesetest veranlassen, wie etwa den Salzburger Lese- und Rechtschreibtest (SLRT II).
Deutsch- und Fremdsprachenunterricht für Kinder mit LRS oder Legasthenie
In Deutschland bekommen Kinder mit Lese-Rechtschreibschwäche einen Nachteilsausgleich. Das heißt, bei der Notengebung wird berücksichtigt, dass sie im Lernprozess benachteiligt sind. So werden etwa mündliche Leistungen stärker bewertet. Der Nachteilsausgleich gilt nicht nur für das Unterrichtsfach Deutsch, sondern auch für den Englischunterricht. Denn viele Kinder mit einer Leseschwäche tun sich besonders schwer mit Fremdsprachen, da einige Wörter ganz anders geschrieben als ausgesprochen werden.
Die kommunikative Methode ist im Fremdsprachenunterricht für alle Kinder vorzuziehen, auch für Kinder mit kognitiven Besonderheiten wie LRS. Dabei wird Englisch von Muttersprachler:innen unterrichtet und die Schüler:innen lernen die Sprache durch das Kommunizieren auf Englisch. Mimik, Gestik und Bilder helfen Schüler:innen und Lehrkräften, sich gegenseitig zu verstehen. Ganz ohne Übersetzung und Vokabelheft.
Was können Eltern betroffener Kinder tun?
Hörbücher
Hörbücher machen Spaß und sind unterhaltsam. Mithilfe von Hörbüchern können Kinder ihren Wortschatz erweitern und das Hörverstehen verbessern. Auf diese Weise eignen sie sich nicht nur Wörter an, sondern lernen auch schneller, neue Wörter zu entziffern.
Musik
Legasthenischen Kindern wird häufig eine ausgeprägte Kreativität und ein Sinn für Ästhetik nachgesagt. Diese künstlerische Begabung gilt es zu fördern, denn sie ist eine wahre Bereicherung für unsere so nüchterne und rationale Gesellschaft.
Musikunterricht fördert nicht nur die Stärken des Kindes, sondern trägt auch zur Entwicklung des Gehörs bei. Die Verarbeitung von Sprache und Musik findet in denselben Bereichen des Gehirns statt. Diese Areale sind für die Mechanik der Sprache, die Suche nach Entsprechungen zwischen Lauten, Symbolen und deren komplexen Kombinationen zuständig.
Novakid verwendet im Unterricht die Methode „Lesen durch Phonetik”. So können die Schüler:innen einfacher die Laute den Buchstaben zuordnen. Zunächst lernen sie die wichtigsten Laute einzeln. Anschließend lernen sie, zwischen den Lauten in Wörtern zu unterscheiden und einzelne Wörter zu entziffern. Erst dann lernen sie, Phrasen, Sätze und Texte zu lesen. So fällt es ihnen letztlich leichter, auch unbekannte Wörter zu erkennen.
Malen und Zeichnen
Kinder mit Leseschwäche können sich ein Kapitel aus einem Buch mehrmals zu Gemüte führen und sich danach dennoch nicht an den Inhalt erinnern. Nehmen sie jedoch einen Stift in die Hand und zeichnen Wörter und Sätze oder sogar Comics und versuchen dann, die ganze Geschichte nachzuerzählen, werden die Informationen greifbar.
Es empfiehlt sich daher, Bleistifte, Buntstifte und Filzstifte für die Hausaufgaben zu verwenden. Wenn Ihr Kind malt oder bastelt und dabei Bilder mit Bezug zum Lernstoff gestaltet, versteht es den Stoff besser und merkt ihn sich leichter.
ADHS und Legasthenie können Hand in Hand gehen
Etwa 25-40 % der Kinder mit LRS leiden auch an einer Aufmerksamkeitsdefizit- bzw. Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Gleichermaßen heißt es, dass etwa 25 % der Kinder mit ADHS auch zu Legasthenie neigen.
Wenn Sie bemerken, dass Ihr Kind oft unruhig und sehr redselig ist, leicht wütend oder frustriert wird und sich nur schwer konzentrieren kann, sind dies möglicherweise gängige Symptome von ADHS. Sie machen sich oft schon vor dem sechsten Lebensjahr bemerkbar und treten in mehr als einer Situation auf.
Mit diesen Symptomen haben Kinder Schwierigkeiten, z. B. schlechte schulische Leistungen (Rechtschreibstörung, Probleme beim Lesenlernen, etc.), eine erschwerte soziale Interaktion mit anderen Kindern und Erwachsenen sowie Probleme mit der Disziplin. Deshalb ist es so wichtig, die Symptome zu erkennen und so schnell wie möglich externe Unterstützung zu suchen, um die Hilfe zu bekommen, die das Kind benötigt.
Haben Sie Gedanken und Anregungen zu diesem Thema? Dann freuen wir uns auf Ihren Kommentar!